Nachdem mein altes Touring Rad ein paar Upgrades erhalten hat und auch auf der Probefahrt nicht zusammen gebrochen ist, möchte ich eine Testrunde mit Gepäck fahren. Los gehts…

Ich packe meine Sachen

Meine anstehende Tour plane ich für ein Wochende, zumindest aber über Nacht, also zwei Fahrtage. Dennoch packe ich testweise alles ein, was ich auf eine große Tour auch mitnehmen würde. Nun, ich bin nicht der Erfahrenste was Radreisen angeht, sicherlich nehme ich zu viel mit. Und genau deshalb, fahre ich erstmal nur eine 1-2 Tagestour um heraus zu finden, was nützlich und was Unsinnig ist. Mein Gear ist zwar auf Gewicht bedacht, jedoch bei weitem nicht Ultralight.

Packliste

Am Rad transportiere ich mein Gepäck, ganz klassisch, in 4 Radtaschen von Ortlieb, die ich schon länger besitze. Mit dem gleichen Taschen-Setup bin auch meine Radtour an die Adria gefahren.

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Mit´m Rad vom Chiemsee zur Adria - Teil 1
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Mit´m Rad vom Chiemsee zur Adria - Teil 2

Frontroller vorne links

  • Titan-Gaskocher, Kartusche, Kochtopf, Besteck und Feuerzeug
  • 1 kleine Bürste, 10m Paracord
  • 1 Insta360 Invisible Selfi-Stick
  • 1 Insta360 One RS Kamera mit Boost und 360° Objektiv
  • 2 Insta360 One RS Ersatzakkus
  • 3 SD-Karten
  • BT-Remote für iPhone
  • Mikrofon mit Kabel für Lightning, CRS, CRRS & Deadcat
  • 4 USB-Kabel, 2 USB-Charger
  • 1 Powerbank mit 13.000 mAh
  • 1 großes Microfaser Handtuch als Decke 
  • 1 kleines Microfaser Handtuch
  • Ortlieb Faltschüssel
  • Kulturbeutel und Haarschneider

Gewicht ink. Tasche < 4,2kg

Frontroller vorne rechts

  • 1 Regenjacke, 1 Regenhose, 1 paar Regengamaschen, 1 Regenhut
  • 1 dünne Windjacke
  • 2 Longsleeve
  • 3 T-Shirts
  • 1 dünne Outdoorhose
  • 1 dünne lange Sporthose
  • 1 lange Funktionsunterhose
  • 3 Shorts
  • 2 Radunterhosen mit Sitzpolster
  • 2 normale Unterhosen
  • 2 paar dünne Wandersocken
  • 2 paar Sneaker Socken
  • 1 paar lange dünne Radhandschuhe
Gewicht inkl. Tasche < 3,8kg

Backroller hinten links

  • 1 faltbarer Campingstuhl Normani Moak
  • 1 Zelt, Quechua T2 Ultralight Pro
  • Zeltunterlage aus Folie
  • 1 kl. Gummihammer
  • Pouch mit Werkzeug (CB Multitool, kl. Zange, Pumpe…)
Gewicht inkl. der Tasche < 4,8kg

Backroller hinten rechts

  • Isomatte Therm-a-rest Lite 3
  • Daunenschlafsack Freetime Micropak 800D
  • Innenschlafsack Robens Mountain Liner Mummy
  • aufblasbares Kopfkissen Forclaz
  • Apple MacBook 13 plus Netzteil in Ortlieb Drybag
Gewicht inkl. der Tasche < 4,5kg

Osprey Savu 5 Hüfttasche

  • Geldbeutel
  • Wohnungsschlüssel
  • 2 Wasserflaschen je 800ml
  • Stirnlampe von Forclaz
  • 4 Haferriegel
  • 1 Taschenmesser
  • 1 Merino-Mütze
  • 1 Schlauchschaal
  • etwas Toilettenpapier
  • iPhone 13pro zum fotografieren und filmen
Gewicht der Tasche inkl. Flaschen ohne Wasser < 1,5kg

Am Fahrrad

  • iPhone 11pro zum navigieren
  • 1 Klemme mit Kugelkopf für die Insta360 Kamera
  • 1 Klemme mit Verlängerung am Lowrider für die Insta360
  • 2 Trinkflaschen je 750ml
  • 1 BUMM IXXI Rücklicht

Ja ich weiss, ein paar Gegenstände sind tendenziell unnötig, wie zum Beispiel der Computer oder Campingstuhl. Nichts desto trotz, mein gesamtes Gepäck, inklusive der Packtaschen, wiegt unter 20kg. Die Klamotten, die ich am Körper trage, sind einbezogen. Lediglich Wasser und Lebensmittel fehlen in der Berechnung, jedoch dürfte das Gewicht unter 4kg bleiben. So weit so gut.

Es geht los

Am Vormittag bin ich noch mit ganz profanen Dingen beschäftig und ich vergesse die Zeit. Die Uhr zeigt kurz vor Zwei. Allerhöchste Eisenbahn loszufahren. Die Taschen habe ich schon am Tag zuvor gepackt, sodass ich direkt los fahren kann. Geplant habe ich eine Route Richtung Alzey und von dort nach Kirchheimbolanden, über den Donnersberg Richtung Kaiserslautern. Leider sind in dieser Gegend keine Campingplätze ausfindig zu machen. Das bedeudet wohl, das ich wild campen muss. Damit habe ich aber keinerlei Erfahrung, da mir ein bischen Restcomfort wie eine Toilette oder Dusche immer wichtig waren. Demnach weiss ich nicht, wo ich die Nacht verbringen werde. Vielleicht ist es ja möglich, auf bzw. hinter irgendeinem Dorf-Sportplatz das Zelt aufzuschlagen und früh morgens wieder zu verschwinden – so die Idee.

Die Strecke habe ich Zuhause am Rechner in Komoot geplant. Und da es eine Radtour und kein Radrennen werden soll, habe ich ein paar POI (Point Of Interest) eingebaut, die ich noch nicht kenne. Bei Abfahrt scheint die Sonne. Also, Sonnenbrille auf die Nase, Ärmel hoch und los. Erstmal raus aus meinem Kaff und auf den Selztal-Radweg. Es weht kein Wind, die Windräder stehen still. Mein erster POI liegt nur einige Kilometer von meinem Wohnort entfernt, dennoch habe ich mir noch nie die Zeit genommen dort anzuhalten.

Der Menhir von Ober-Saulheim

Genau, kurz vor der kleinen Stadt Wörrstadt befindet sich so ein uralter langer aufrecht stehender Hinkelstein. Ob dieser von Obelix vergessen wurde, oder ob es sich um das rheinhessische Stonehenge handelt checke ich in Wikipedia, den der Brocken hat einen eigenen Eintrag.

Naja, weder noch. Aber irgendwie scheint der Legende, nach der Teufel seine Hände im Spiel gehabt zu haben. Wohl deshalb hat man auch ein Loch in den Felsbrocken gemeistelt um dort ein Marienbildnis zu installieren. Ist dies einer der vielen Frevel der Kirche um alles heidnische zu verbannen? Wer weiss, wer weiss!

Den Menhir lasse ich hinter mir und es geht an unzähligen Windrädern vorbei in Richtung Alzey. Doch bevor ich die Stadt erreiche, stoppe ich an meinem zweiten POI.

Der Albiger Wingertsturm - Turm auf dem Fels

Eigentlich gibts gar nicht so viel über diesen, in den Weinbergen von Albig, gelegenen kleinen Turm zu erzählen. Mit dem Auto bin ich schon unzählige male an diesem vorbei gefahren, ohne Notiz von ihm zu nehmen. Erst als langsam reisender Radfahrer entdeckt man Dinge in seiner Heimat, für die man vorher blind war. Für mich stellt er einen richtig schönen Spot zum relaxen dar, und wenns sein müsste, um eine Nacht dort zu verharren. Der Turm wurde 2001 anlässlich des 30 jährigen Jubiläums von Flurbereinigungsmaßnahmen in 1971 errichtet. Vom Turm aus hat man einen wunderbaren Rundblick über das rheinhessische Hügelland.

Am Turm drück ich mir einen super leckeren Flapjack rein, nehme einen großen Schluck aus der Wasserflasche und fahre weiter. Der dritte POI ist nicht sehr weit entfernt.

Holzskulpturen am Selztal-Radweg

Nachdem ich Alzey verlasse und wieder auf dem Selztal-Radweg bin, kommt auf der linken Seite ein nicht so ganz offizieller Holzskulpturen Weg. Hier findet man viele Figuren, ob aus dem Dschungelbuch oder den Yeti. Die Figuren wurden vom Rentner Alexander Friesen mit einer Kettensäge direkt aus dem Baumstamm geschnitten.

Meiner Meinung nach, hat er es echt drauf. Ich hoffe das er seine Sammlung weiter vergrößert und das wir noch lange Freude an seinen Figuren haben werden.

Ich schwinge mich wieder auf meinen Drahtesel, Kirchheimbolanden liegt vor mir. In der Stadt angekommen stürme ich den nächsten Supermarkt um mir Kaffee und etwas Gebäck zu kaufen. Anschließend geht es quer durch die Altstadt und direkt auf den Radweg zum Donnersberg. Um 18:11 Uhr schieße ich in der Stadt noch ein Foto bei blauem Himmel, um 18:36 Uhr schüttet sich der Himmel mit einem krachendem Gewitter über mir aus.

Der Regen setzt so schnell und plötzlich ein, das ich keine Chance habe, die Regenklamotten rechtzeitig auszupacken bzw. über zu ziehen.. Und da ich einen Ordnungsfimmel habe, sind die Regensachen in einem Drybag komprimiert und in der Fronttasche unter dem Kamera Zeugs verstaut. Bis ich Regenjacke und Regenhose ausgepackt und angezogen habe, bin ich schon patschnass. Im Eifer des Gefechts, habe ich die Regenhose auch noch falsch herum angezogen. So ein Scheiß. Um mich herum ist keine Schutzhütte zu finden. Also fahre ich im starken Regen zu meinem nächsten POI.

Dicke Keschde Dannenfels

Dannenfels erreiche ich etwa 40 Minuten und einige Höhenmeter später. Meine neue Regenjacke hat die Bezeichnung definitiv nicht verdient. Schon nach drei Minuten im Starkregen drang Wasser ein. 90€ für die Tonne –  Danke an Intersport und seiner Eigenmarke Energetics. 

Bei der dicken Keschde handelt es sich um eine über 400 Jahre alte Edel-Kastanie, die mitten im Ort steht. Das Ding hat einen Umfang von rund 9m. So wie es aussieht, hat der Baum seine besten Tag hinter sich. Die Kastanie hat nur noch einen vitalen Ast und der Stamm ist gespalten, der durch eine Kette zusammen gehalten wird. Vermutlich wird die dicke Keschde in nicht allzu entfernter Zukunft verschwinden bzw. umfallen oder ganz auseinanderbrechen – schade drum.

Der Himmel wird wieder heller und es nieselt nur noch leicht. Am Baum ziehe ich meine Regenhose, die hervorragend dicht ist, richtig herum an. Und da ich ja schonmal in Dannenfels bin, will ich unbedingt zum Adlerbogen hinauf. Bei meiner Keltentour am Donnersberg, habe ich den Bogen irgendwie verpasst. Also muss ich das jetzt noch nachholen.

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Keltische Spuren am Donnersberg

Adlerbogen am Donnersberg

Von Dannenfles geht es zunächst auf der Straße bergauf, um dann auf einen Singletrail abzubiegen. Ja, auf einem MTB und bei trockenem Wetter kann man das bestimmt hochradeln. Aber mit einem vollbepackten Touring Bike und nassem Boden ist das ungleich schwerer. Die Smart Sam Reifen bieten zwar ausreichend Grip, jedoch geht es zu steil hinauf. Deshalb muss ich stellenweise schieben, was auch nicht einfacher ist. Nach einer Weile erreiche ich den Aussichtspunkt Dannenfels, der ein Stück unterhalb des Adlerbogens liegt.

Auf dem Foto kann man das Gewitterband, das über mich hinweg gezogen ist, gut erkennen. Der Aublick von hier oben ist so fantastisch, ich könnte hier eine ganze Weile bleiben. Weiter gehts zum Adlerbogen. Jedoch gibt es hier keinen wirklich befahrbaren Weg und unter vollem Körpereinsatz, wuchte ich mein Rad über die scharfkantige blanken Steine hinauf. Meine Frontroller Taschen haben mehrfach Bodenkontakt und ich erkenne, das es eine Schnapsidee ist, mit einem beladenem Reiserad dort hinauf zu wollen. Zumindest auf dem Weg, auf dem ich unterwegs bin. Jedoch sind alle Zweifel verflogen, als ich am Adlerbogen ankomme. Dumm ist nur, das es mittlerweile fast 20 Uhr ist und ich mich auf der Schattenseite des Donnersberg befinde.

Ich knippse noch ein letztes Foto und fetze über Singletrails den Berg hinunter. Ein bischen Sorgen mache ich mir um meine Bremsen, aber sie halten klaglos durch.

Wo kann ich blos übernachten?

Am Ende der downhill Einlage komme ich am Gasthaus Wildenstein an, das aber geschlossen ist. Es geht wieder auf eine geteerte Straße. Mein Rad und ich sind ziemlich eingesaut nach der Abfahrt durch den Wald. Ich versuche einen Platz, an dem ich übernachten kann, zu finden. Mir fehlt jegliche Erfahrung zum wildcampen und bin bestimmt an unzähligen Möglichkeiten vorbei gefahren. Ich fahre durch ein Dorf, aber am örtlichen Fußballplatz steigt ´ne Party. Also weiter. Es ist mittlerweile fast finster und ich beschließe in einen unbefestigten Feldweg einzubiegen. In Duneklheit baue ich mein Zelt auf, ziehe mir trockene Klamotten an, Esse noch etwas und versuche dann zu schlafen.

Am nächsten Morgen

In der Nacht wache ich unendlich oft auf. Dennoch fühle ich mich am Morgen ganz Fit. Das Zelt ist außen tropfnass vom Tau. Mein Rad und meine Schuhe voller Matschklumpen. Dieser klebt auch stellenweise am Zelt. Ich versuche irgendwie meine Sachen notdürftig zu säubern und wieder in die Taschen zu verstauen. Beim abbauen aber, versaue ich zunehmend das Zelt. Also bringe ich die Sachen zu Fuß zum nahegelegenen Radweg. Dort breite ich das Zelt aus, um es in der Morgensonne zu trocknen. Einen Kaffee den ich mir koche landet auf dem Radweg. Irgendwie bin ich an diesem Morgen ziemlich down. Die Regenjacke tropft noch immer, das Rad ist verschlammt, das Zelt patschnass und mein Kaffee fließt den Radweg entlang. Mir trällert der Song „ein guter Tag zum sterben“ von JBO durch den Kopf – LOL. Nach gute einer Stunde ist der größte Teil des Zeltes trocken, wenn auch nicht ganz. Ich packe meine Taschen und mache mich auf den 60km langen Weg nach Hause.

Fazit der Radtour

Zugegeben, ein wenig frustriert bin ich schon, aber die Tour hat mir ein paar wichtige Schwachstellen offenbart. Bevor ich mich in ein größeres Abenteuer stürze, muss ich diese Mängel abstellen.

Regenschutz

Meine Regenkleidung ist mangelhaft. Damit meine ich eigentlich nur die Jacke (Energetics Sean III) und ich werde sie ersetzen. Die Regenhose (Vaude Drop Pants) hingegen, ist super. Auch die Vaude Gamaschen sind bestens und bleiben. Zusätzlich hatte ich noch einen Regenhut (Foreclaz) im Gepäck.

Zelt

Das Zelt, das ich dabei hatte, ist ein Quechua T2 Ultralight Pro. Es ist schon ein paar Jahre alt, war aber seinerzeit ein hochgelobtes Modell. Gewicht unter 2kg, Packmaß akzeptabel. Jedoch ist die Bauart ein Tunnelzelt, das nicht freistehend ist. Momentan bin ich mir nicht sicher, was eine Sinnvolle und bezahlbare Alternative sein könnte. Prinzipiell hätte ich aber gerne ein freistehendes Zelt.

Packtaschen

Die Back- und Frontroller von Ortlieb sind sehr beliebte Taschen bei Radreisenden und werden hoch gelobt. Die Frontroller hatten schon auf der Adria Tour ein paar Blessuren bekommen und auch bei dieser Tour haben Felskontakte ihre Spuren im Corduragewebe hinterlassen. Durch den Lowrider hängen die Taschen natürlich sehr tief, was in der Regel ja auch gewollt ist. Da ich aber immer wieder Offroad Abschnitte fahre ist zu überlegen, ob ein Lowrider mit Taschen das Richtige für mich ist. Jedoch kenne ich keine vernünftige Alternative um 25 Liter Ladevolumen am vorderen Teil des Rades zu realisieren. Die hinteren Taschen sind unproblematisch und werden so bleiben.

Packliste

Im Grunde war es mir schon vor dieser Tour klar, das ich zu viel eingepackt habe. Dennoch wollte ich es ausprobieren. Nun, das Gewicht meiner Ausrüstung ist inklusive der Taschen zwar deutlich unter 20kg. Würde ich jedoch die Packliste überarbeiten und z.B. das Laptop (> 1,5kg) oder den Campingstuhl (0,9kg) Zuhause lassen, könnte das Gewicht vielleicht sogar unter 15kg fallen. Das wäre schon spürbar und die Taschen wären nicht so prall. Ich werde mal ein wenig experimentieren um dem Kompromiss zwischen Komfort und Gewicht näher zu kommen.

Im großen und ganzen war die Radtour ganz gut. Durch das häufige Halten an interessanten Spots ist das ganze nicht zu sportlich geworden. Auf der Hinfahrt war ich insgesamt etwas mehr als 7 Stunden für die rund 65km unterwegs. Dabei habe ich 920 Höhenmeter gesammelt. Die Rückfahrt von 55km und 530hm, bin ich in 3:15h gefahren. Ich plane für die Sommermonate öfters einen „Overnighter“ oder „Weekender“ zu fahren, mal sehen, wie ich das mit dem Job vereinbaren kann.

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